Roger Waters 18.5.2023 Berlin, Mercedes-Benz Arena

Von Torsten Boye

Roger Waters THIS IS NOT A DRILL Tour 2023 – Mercedes Benz Arena Berlin, 18.05. / The Final Cut?

Am 18.05.2023 fand – wiederum in der Berliner Mercedes Benz Arena – für Stefanie und mich die finale Show der THIS IS NOT A DRILL Tour statt; das Wissen um diese schon irgendwie traurig stimmende Prophezeiung erleichterte mir – wie unschwer zu erkennen ist – zumindest die Auswahl des T-Shirts für den Abend. Noch etwas war besonders an diesem Abend: wir durften einen separaten VIP-Eingang nutzen und erhielten eine mit „ROGER WATERS/ THIS IS NOT A DRILL“ bedruckte Reisetasche, einen vom jüngsten Sohn Rogers, Jack, entworfenen, limitierten Siebdruck auf Kunstdruckpapier – handnummeriert und mit Roger und Jack Waters‘ Unterschrift versehen – sowie ein offizielles Tour-Laminate mit Schlüsselbund. Dieses Black-VIP-Paket beinhaltete schließlich noch die Möglichkeit, ohne Gedränge an einem separaten Stand Merchandise-Artikel zu erwerben, vor allem jedoch Tickets für die Plätze 1 und 2 der ersten Reihe im Block D, rechts.

Wie erwartet boten unsere gegenüber dem Vortag am diagonal gelegenen Bühnenrand angeordneten Plätze nochmals einen neuen Blickwinkel. Dieses Mal war Jonathan Wilson unser ganz persönlicher Held – er wirkte während der gesamten Show hochkonzentriert und unser wirklich rein subjektiver Eindruck war, dass er ein zurückhaltender, nicht das ganz grelle Scheinwerferlicht suchender „Rockstar“ ist. Auf jeden Fall sehr sympathisch und authentisch wirkend.

Das Besondere am „LIVE IN THE ROUND“-Bühnenkonzept ist ja einerseits, dass wir, im Innenraum sitzend, den verschiedenen Musikern – je nachdem, wo sich gerade die individuellen Plätze befinden – während der gesamten Show bei der Ausübung deren Kunstfertigkeit (und ja, es ist ganz sicher auch Arbeit) zusehen können. Andererseits ist auf dieser Bühne sehr viel mehr Bewegung als gewöhnlich auszumachen; es findet sozusagen ein reger Besuchsverkehr statt, der uns am Donnerstag so auch wieder Blicke auf Roger, Amanda und Shanay sowie darüber hinaus auf Dave, Gus und Seamus (ein fantastischer Saxophonist) gewährte. Es ist natürlich nur eine Mutmaßung, aber ich bin mir sehr sicher, dass die Chemie zwischen den Bandmitgliedern stimmt und sie alle sehr viel Spaß miteinander haben dürften.

Das erscheint mir auch unbedingt erforderlich, zumindest aber förderlich, denn täglich Zeit miteinander zu verbringen sowie vor allem in kurzen Abständen immer und immer wieder das nahezu identische Showprogramm in Perfektion abspulen zu müssen, stellt zweifellos eine immense Herausforderung und gleichzeitig Kraftanstrengung dar. Während einer so langen Tour werden sich die beteiligten Musiker und die vielen Crew-Mitglieder auch ganz bestimmt nicht stets gleich gut fühlen. Donnerstagabend schien Joey bei Konzertende schon arg ausgepowert zu sein, was sich aber selbstverständlich nicht auf seine gewohnt außergewöhnlich beeindruckende Performance auswirkte.

Beim Abgang von der Bühne konnte aber auch er uns wieder ein natürliches Lächeln schenken. Und Roger – wird mein (fast) lebenslanger Held im September wirklich schon 80, oder haben seine Eltern ihn bereits zwanzig Jahre vor seiner Geburt registrieren lassen? Unglaublich, ja beinahe unverschämt, wie kraftvoll, dynamisch und engagiert er während der gut zweieinhalb Stunden über die Bühne stolziert. Er gönnt sich wirklich kaum eine Verschnaufpause, nutzt Pausen zwischen den perfekt arrangierten und performten Songs für viele emotionale, empathische und aufrüttelnde Botschaften, die an den drei von mir besuchten Shows ausnahmslos meine absolute Zustimmung erhielten.

Roger ist einer der wenigen „Superstars“, die völlig offen und unverstellt auf Missstände, Gefahren und Konfliktlösungsansätze hinweisen. Ich wünschte, es gäbe mehr solcher mutigen Zeitgenossen, die sich nicht vor Kritik fürchten und selbst Unannehmlichkeiten dafür in Kauf zu nehmen bereit sind. Mir nötigt es jedenfalls größten Respekt ab, was alle an der THIS IS NOT A DRILL Tour Beteiligten leisten. Stefanie und ich waren, sind und werden immer voller Dankbarkeit für die vielen schönen Erlebnisse und Erfahrungen sein. Es mag albern oder gar kindlich klingen, aber Roger gebührt schlicht Dank für den SOUNDTRACK MEINES LEBENS …

Konzert-Statistik:

  • Tour: This Is Not A Drill Europa 2023
  • Termin: 18.5.2023, Donnerstag
  • Spielstätte: Mercedes-Benz Arena
  • Plätze:
  • Adresse: Mercedes-Platz 1 (Mühlenstraße 19), 10243 Berlin 
  • Vorverkauf: 30.11.2022
  • Tickets: €111, €129, €146, €169, €392 (VIP)
  • Einlass: 19:00 Uhr | Showtime: 20:00 Uhr

Band:

  • Roger Waters: Vocals, Bass, Piano, Guitar
  • Joey Waronker: Drums
  • Jonathan Wilson: Guitars, Vocals
  • Gus Seyffert: Guitars, Bass, Harmonica
  • Dave Kilminster: Guitars, Bass, Backing Vocals
  • Jon Carin: Keyboards, Guitars, Backing Vocals
  • Robert Walter: Keyboards
  • Amanda Belair: Vocals
  • Shanay Johnson: Vocals
  • Seamus Blake: Saxophon

Setlist:

Set 1

  1. Comfortably Numb (reworked Version)
  2. The Happiest Days of Our Lives
  3. Another Brick in the Wall (Part 2)
  4. Another Brick in the Wall (Part 3)
  5. The Powers That Be
  6. The Bravery of Being Out of Range
  7. The Bar (unreleased new Song)
  8. Have a Cigar
  9. Wish You Were Here
  10. Shine On You Crazy Diamond (Parts 6–9)
  11. Sheep (Flying Sheep Brian)

Set 2

  1. In the Flesh
  2. Run Like Hell (Flying Pig)
  3. Déjà-vu
  4. Déjà-vu (Reprise)
  5. Is This the Life We Really Want?
  6. Money
  7. Us and Them
  8. Any Colour You Like
  9. Brain Damage
  10. Eclipse (letzte Strophe zweimal gesungen)

Encore

  1. Two Suns in the Sunset
  2. The Bar (Reprise) (unreleased new Song)
  3. Outside the Wall

15 Antworten

  1. Avatar Volker sagt:

    Danke für deinen tollen Bericht. Im Gegensatz dazu ein wirklich unverschämter Konzertbericht beim Rolling Stone – nach dem Lesen war ich nochmal doppelt so froh, das Abo dieses früheren Musikmagazins schon vor Jahren gekündigt zu haben. Kritik an Roger ist natürlich legitim und gibt es auch von mir, aber das vom RS ist einfach unterste Schublade.

    Wer es lesen mag: Roger Waters live in Berlin: Symphonie des Grauens

  2. Avatar Michael Harke sagt:

    Danke für den Bericht. Ich war am 18.05. in Berlin. Die Berichterstattung in vielen Medien, bei aller berechtigter Kritik ist eindeutig tendenziös und einseitig. Man kann Dinge kritisieren, aber die Tatsachen zu verdrehen ist genau so verwerflich, wie vielleicht einige Ansichten von Roger Waters die ich dann auch nicht teile. Rein auf die Musik bezogen war es ein tolles Konzert, politische Diskussionen möchte ich hier gar nicht beginnen.

  3. Avatar Bodo sagt:

    Der “Spiegel Online” meldet heute der Berliner Staatsschutz ermittele gegen R. Waters wegen Verdachts der Volksverhetzung. Roger habe einen langen, schwarzen Ledermantel mit roter Armbinde getragen, der einer SS-Uniform ähnlich sei.
    Sag mal, Berliner Polizei hinter welchem Mond lebt ihr eigentlich? Entweder eure Ermittlungen kommen ein paar Jahrzehnte zuspät, oder ihr habt die “The Wall Show” nicht mal im Ansatz Vertsanden. Oder gehts euch darum Stimmung zu machen?

    • Avatar murph sagt:

      Natürlich geht es nur um Stimmung. RW als prominenter Vertreter von BDS soll beschmutzt werden, und damit soll BDS beschmutzt werden. Ist ja mit den Konzert-Absagen-Drohungen genau so. Dass da nichts rauskommen kann, wissen die Akteure dahinter auch. Aber der Zweck ist, in der uninformierten Öffentlichkeit den Eindruck anzubringen, dass BDS eine verbrecherische Organisation von Nazis ist. Ist spiegelgleich mit den Schmierkampagnen zu J.Assange (Vergewaltigungsvorwürfe). Man hat es jahrelang am Kochen gehalten, ohne dass auch nur jemals Anklage erhoben wurde. Das Ziel wurde erreicht, auch mit dem gewünschten Nebeneffekt dass nicht mehr über die aufgedeckten Kriegsverbrechen sondern über den Charakter von Assange debattiert wurde.

      Ja, das ist die Welt in der wir im “freien Westen” leben. Wir brauchen uns in Bezug auf Pressefreiheit (im Sinne einer möglichst objektiven, faktenbasierten Informierung der Öffentlichkeit) nicht über China oder Nordkorea beschweren. Die Methoden sind anders, aber in Bezug auf Steuerung der Massen streben alle Regierungen ein Modell ala 1984 an (wobei ich immer mehr den Anschein habe, dass Deutschland hier in den letzten Jahren noch mal ordentlich beschleunigt hat). Medien haben nicht mehr das primäre Ziel zu informieren, sondern zu beeinflussen und zu steuern.

      • Avatar Olaf D sagt:

        Der Vergleich mit China und Nordkorea: mit Verlaub, was ein Quatsch.

        • Avatar murph sagt:

          Natürlich ist es polemisch formuliert und auch der Aufregung geschuldet, aber im Kern bleibe ich bei meiner Aussage: Die Methoden sind unterschiedlich, das Ziel ist das selbe – Manipulation anstelle Information der Bevölkerung, durch Auslassung von Kontext (im besten Fall) und glatte Lügen (im immer häufigeren Fall).

          Das dies auch durch dreisteste Lügen geschieht, wie eben in “1984”, sieht man z.B. im “Standard”-Artikel zur Sache, welcher wiederum nur die Kopie einer APA-Meldung ist. Dort steht ohne weitere Erläuterung oder Kontext- ich zitiere – “Waters war bereits zuvor mehrfach durch antisemitische Äußerungen aufgefallen. “.

          Es steht nicht, “Waters wurden/werden von [XX] antisemitische Äußerungen vorgeworfen.” – ein Satz, der schlicht und objektiv wahr ist (nämlich, dass jemand etwas vorwirft). ist. Es wird hingegen behauptet, dass Waters antisemitische Aussagen getätigt hat – ein Satz, der schlicht und objektiv eine Lüge ist. Und der Vorwurf des Antisemitismus ist ja wohl keine Kleinigkeit. Genauso könnte ich behaupten, ich denke dass Herr XX jemanden umgebracht hat oder haben könnte (ohne irgendeinen Nachweis/Beweis) ist, und am nächsten Tag schreibt die Zeitung aufgrund meiner Behauptung “Herr XX ist ein bekannter und verurteilter Mörder.”

          Und RW ist nur ein Beispiel unter vielen, aber hier ist nicht der Platz um diese Diskussion zu führen.

  4. Avatar Maik Bergmann sagt:

    Vielleicht sollte man dann auch Charlie Chaplin post mortum wegen Volksverhetzung verklagen. Er hat ja schließlich die Uniform des Führers getragen in “der große Diktator”…

  5. Avatar Olaf D sagt:

    Gegen Bruno Ganz und Ulrich Matthes bitte auch sofort wegen Volksverhetzung ermitteln. Man fasst es nicht!

  6. Avatar Holger Kursawa sagt:

    Ich bin ENTSETZT…..gegen unseren Mr. R.Waters scheint tatsächlich eine wahre ( Mittelalterliche ) Hexenjagd veranstaltet zu werden. In welcher Welt Leben wir eigentlich?
    Bin gelernter DDR – Pnik Floyd Fan und habe seit Berlin -Wall am 21.07.1990 exakt 23 seiner Konzerte in ganz Deutschland begeistert besucht. Allein US & Them 7 Mal…….. This is not a Drill……ich habe lange überlegt……aber sein unverschämtes Bashing gegen seine P.F. Kollegen vor allem, hat mich davon abgehalten (schweren Herzens!!!). Auch natürlich so manche seiner polit. Ansichten zum Angriffskrieg Putins gegen die Ukraine……….. Aber diese heutige Meldung ist DER OBERHAMMER an Ignoranz und Dummheit………. Alle Medien blasen ins gleiche, falsch und verstimmt klingende Horn des Antisemitismus und Judenhasses, ohne auch nur ansatzweise zu Relativieren und speziell auf das Pink Floyd (Roger Waters…) Werk THE WALL einzugehen. Antisemitismus/Judenhass ist seit Jahren ein in der Gesellschaft aufkommendes Problem, in Deutschland aber nicht nur hier.. Das wäre für die Will, Lanz. Maischberger und Co. mal ein interessantes Thema………….auch mit Fachleuten die den musikalischen Hintergrund erklären, erleutern…….einfach die Geschichte von Pink erzählen. Bei der US & THEM Show
    in der Olympiahalle in München 2018 fotografierte ich vor dem Konzert das hinter der Bühne “vertseckte” fliegende Schwein aus allen möglichen Blickwinkeln, das ja immer wieder benutzt und genanngt wird. Was aber war darauf zu lesen? STAY HUMAN……SEI (bleibe) MENSCHLICH……..
    Diese verunglimpfende Berichterstattung nun lässt mich langsam an unserer Demokratie zweifeln……….Auch an den Medien, die kommentarlos diesen Schwachsinn verbreiten…….. Inzwischen bereue ich es fast, keines seiner diesjährigen Konzerte gesehen zu haben!!!!

  7. Avatar Holger Kursawa sagt:

    Zusatz: Polizei ermittelt wegen Volksverhetzung und die NS- Herschaft verherrlichende Kleidung……
    Sorry, aber da fällt mir nichts mehr ein………………

    • Avatar Rüdiger sagt:

      Hoppla, nun soll es sogar schon dem bekannten Mantel buchstäblich an den Kragen gehen, weil Roger Waters angeblich das NS-Regime verherrlicht habe; also jenes Regime, gegen das sein Vater Eric Fletcher Waters gekämpft und als Soldat sein Leben verloren hat. Dann sehen wir doch mal ganz erwartungsvoll dem 22. Juni entgegen und beobachten gerne auch schon im Vorfeld die Maßnahmen, die der Verfassungsschutz – auch in diesem Fall höchst konsequent – gegen den Auftritt von “Kiss” in Berlin treffen wird. Das ist – nur nebenbei – die Band mit den SS-Runen im Logo.

      • Avatar Thomas Kern sagt:

        Wann geht man gegen Chaplin vor? Sind die Doppelkreuze am Arm und auf den Fahnen des “Grossen Diktators” denn heutzutage noch zumutbar?
        😉 Alles Gute in die Runde

  8. Avatar Olaf D sagt:

    Dieser Stunt beschäftigt und regt mir derart auf, dass ich mir folgende Email an die Pressestelle der Berliner Polizei nicht verkneifen konnte.

    Sehr geehrte Frau …,

    mit dieser Email reagiere ich auf Berichte, dass die Berliner Polizei ein Ermittlungsverfahren wegen Verdachts auf Volksverhetzung gegen Roger Waters eingeleitet habe, siehe z.B. SpiegelOnline vom 26.05.2023. Ihre Emailadresse als Pressesprecherin habe ich durch eine Suche über eine Suchmaschine gefunden.
    Im Folgenden beziehe ich mich ausschließlich auf die Elemente der Show, die Gegenstand des erwähnten Ermittlungsverfahrens sind. Die politischen Äußerungen Roger Waters kommentiere ich hier nicht.

    Ich vermute, es führt zu weiter nichts, Ihnen/der Berliner Polizei/ interessierten Staatsanwaltschaften ans Herz zu legen, sich mit dem Werk und dem Inhalt des Künstlers zu beschäftigen, bevor man „so ein Ding raushaut“. Die in ihren Augen den Staat scheinbar gefährdenden Szenen sind seit 1979, dem Jahr in dem The Wall erschien, Bestandteil der Show. Diese wurde bereits vielfach in Deutschland, und weltweit, aufgeführt. In The Wall geht es um das genaue Gegenteil von dem, was Roger Waters nun immer wieder vorgeworfen wird. Es soll unter anderem gezeigt werden, wie leicht „die Massen“ einem Diktator erliegen und folgen und wie gefährlich das ist.

    Was die Berliner Polizei hier veranstaltet ist eine Verdrehung der Tatsachen ins Gegenteil. Scheinbar ist sie hier auch Opfer des momentanen Kampagnen-Journalismus geworden, der sich durch Wiederholung der immer selben sachlichen Fehler, Unkenntnis, Inkompetenz und beabsichtigte Auslassung auszeichnet. Es grenzt an vorsätzliches Lügen.

    So, und nun werde ich polemisch: Mir kommt beinahe die Idee, die Berliner Polizei und Staatsanwaltschaft wegen Strafvereitelung im Amt anzuzeigen. Wo bleiben die Ermittlungen gegen Bruno Ganz, Ulrich Matthes, Helge Schneider, Harald Schmidt etc etc.?

    Man fasst es nicht!

  9. Avatar Thomas Kern sagt:

    Sehr gut, sowohl der Inhalt auch die Formulierungen. Ich unterstütze diese Email.

  10. Avatar Martin Züchner sagt:

    Danke für die Mail an die Polizei, Olaf!

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