Die wackeligen Bühnen Venedigs, Teil 4: David Gilmour 12.8.2006 Venezia, Piazza San Marco

David Gilmour 12.8.2006 Venedig

Von Werner Haider

Durch die Verschiebung der Konzerte um eine Woche hätte ich heute eigentlich Nachtdienst gehabt! Dank meiner Kollegin Esther, die mit mir Dienst tauschte, konnte ich heute mit dabei sein! Was für ein Luxus: 23° warm, Sonnenschein in Venedig, Pizza Frutti Di Mare und ein Glas Weißwein zum Mittagessen! In Gedanken schweifend, genoss ich das Warten auf ein weiteres großartiges David Gilmour Konzert! Nach der Siesta ging ich wieder zum Markusplatz. Meine Güte, der Platz war völlig überflutet! Ich war aber zuversichtlich, dass sich dieser Umstand bis zum Konzertbeginn wieder ändern würde. Die Überflutung verschwand tatsächlich nach wenigen Stunden wieder. Furchtbar nass sollte es aber trotzdem noch werden.

Ich hatte noch viele Stunden Zeit, also zog ich durch die Gassen von Venedig. Als ich zu einem Buchgeschäft kam und instinktiv Ausschau nach etwas Interessantem hielt, entdeckte ich ein mir bisher unbekanntes Floyd-Buch. Lo Show Del Secolo – I Pink Floyd a Venezia lautete der Titel.

Das Cover zeigt ein Foto von der Menschenmasse am Markusplatz und der dahinter in der Lagune schwimmenden Pink Floyd Bühne. Wie schon der Titel verrät, handelt das Buch vom legendären Pink Floyd Konzert in Venedig am 15. Juli 1989. Geschrieben von einem gewissen Tommaso Gastaldi in italienischer und englischer Sprache. Ausgezeichnete Idee, auch eine Spalte in englischer Übersetzung anzubieten. Dadurch konnte ich auch verstehen, worum es ging. Ich setzte mich auf eine Treppe und begann zu lesen. Eine Taube über mir zeigte sich auch sehr neugierig und hinterließ auf Seite 90 ihren Kommentar. Wahrscheinlich war sie 1989 beim Konzert auch dabei, hat es damals jedoch gar nicht genossen.

Igor, der Glasharfenspieler

Bei meinem Spaziergang durch die wunderbaren Gassen Venedigs kam ich natürlich an vielen Straßenkünstlern vorbei. Einer hatte es mir ganz besonders angetan: Igor Sklyarov. Das darf noch nicht wahr sein. Er war es, der gestern bei „Shine On You Crazy Diamond“ die Glasharfe spielte und heute treffe ich ihn als Straßenmusikanten wieder! Igor spielte zusammen mit zwei anderen Musikern. Gemeinsam nennen sie sich das Crsytal Harmony Ensemble. Viele Leute blieben stehen und staunten so wie ich über die wunderbare Musik, die sie mit der Glasharfe, dem Verrophon und der Glasflöte zauberten. Von Bach, Schubert, Vivaldi, Chopin bis zu Mozart reichte ihr Repertoire.

Eine junge Frau, die zum Ensemble dazugehörte, kümmerte sich inzwischen um den CD-Verkauf. Zwei Alben wurden angeboten. Ich fragte sie: „Er hat gestern mit David Gilmour gespielt?“ Ja, antwortete sie mit einem breiten Lächeln. „Wir durften alle beim Konzert zusehen.“ Nach einigen Minuten des andächtigen Zuhörens ergab sich für mich die Möglichkeit, mit Igor persönlich zu reden. Nachdem wir eine Zeit lang in englischer Sprache miteinander geredet hatten, stellte sich heraus, dass Igor sehr gut Deutsch sprechen konnte.

Werner: Ich gratuliere zu ihrem gestrigen Auftritt!

IGOR SKYLAROV: Vielen Dank.

Werden Sie heute auch wieder mitspielen?

IGOR SKYLAROV: Ja. Heute gibt es aber keinen Soundcheck. Ich werde um 20:30 Uhr beim Markusplatz sein.

Ich habe Sie gestern beim Soundcheck mit David Gilmour, als Shine on You Crazy Diamond geprobt wurde, gesehen.

IGOR SKYLAROV: Es war fantastisch. Natürlich habe ich mich gefragt: Wer ist denn das?

Wie ist es zu der Zusammenarbeit gekommen?

IGOR SKYLAROV: David Gilmour spazierte letzte Woche mit seiner Frau vorbei, als er uns spielen sah und stehen blieb. Sie standen ungefähr 20 Minuten hier. Danach sprach er mich an. Er sagte, dass er ein Konzert am Markusplatz gibt und bei einem Musikstück die Glasharfe und mich benötigen würde. Er fragte, ob ich mitspielen würde. Natürlich habe ich zugesagt! In Russland gibt es viele Pink Floyd Fans und deshalb war mir seine Musik auch bekannt. Leider musste alles um eine Woche verschoben werden!

Was war es für ein Gefühl, am Markusplatz auf der Bühne zu stehen?

IGOR SKYLAROV: Unvergesslich!

Konnten Sie auch ein paar persönliche Worte mit David Gilmour wechseln?

IGOR SKYLAROV: Nach dem Konzert hat es im Hotel noch eine Party gegeben. Wir waren auch eingeladen. Ich konnte einige Male mit ihm und den anderen Musikern reden. Ich habe ihn gefragt, ob er denn auch einmal in Russland spielen wird. Worauf er sagte, er wisse, dass er eine Menge Fans in Russland habe. Vielleicht wird er eines Tages auftreten. David Gilmour hat sich nie als Superstar gegeben. Er ist ein ganz normaler Mensch.

Ich fragte Igor, warum er so gut Deutsch sprechen konnte. Er erzählte mir, dass er auch in österreichischen und deutschen Städten spielt. Also aufgepasst, wenn ihr nächstes Mal in aller Eile an Straßenmusikanten vorbeigeht – es könnte Igor sein! Ich verabschiedete mich von allen und ging wieder zurück zum Markusplatz.

Fotoreport

Dort angekommen traf ich zufällig die italienischen Pink Floyd-Freunde Nino Gatti und Stefano Tarquini. Später kam ich noch mit Zack Pirani dem Webmaster der italienischen Homepage Floyd Channel, zusammen. Wir standen hinter der Bühne und sprachen miteinander. Nein, leider nicht im Backstage-Bereich. Man konnte zu dieser Zeit noch hinter der Bühne spazieren gehen. Steve DiStanislao kam an uns vorbei. Wir grüßten ihn und er lächelte freundlich zurück. Es war gegen 18:30 Uhr, als doch noch ein Soundcheck stattfand. Guy Pratt spielte “On The Turning Away” mit seinem Bass. Nach der gestrigen Überraschung wollte er sich heute keine Blöße mehr geben. Danach trommelte Steve noch sein Schlagzeug ordentlich durch.

Gegen 19:00 Uhr stellte die Polizei die Absperrungen auf und ich machte mich auf zum Eingang. Ganz gegen meine Überzeugung kaufte ich mir einen Regenschutz. Um 20:30 Uhr dankte ich mir selbst für diese sehr weise Tat. Es begann zu regnen, und es sollte für eine lange Zeit nicht mehr aufhören. Beim Anlegen der ungewohnten Kleidung riss ich mir rechts ein großes Loch im Schulterbereich hinein. Zum Regen kam ein kaltes Lüfterl hinzu, wodurch es noch ungemütlicher wurde. Die Techniker deckten die Keyboards und andere empfindliche Dinge ab. Phil Taylor ging nervös hin und her. Immer wieder stimmte er an Gilmours Gitarren herum. Mit etwas Verspätung um 21:15 betraten die Musiker die Bühne. Gilmour hatte sich wegen der Kälte eine schwarze Weste angezogen. Comfortably Numb wahrscheinlich die längste Version der 2006er-Tour.

Mir blieb noch ein Servus zu sagen und dabei zur Bühne rüber zuwinken. Danach schnurstracks zum Auto, weg mit der vollkommen durchnässten Jeans, und in der Unterhose zurück durch die Nacht, bis ich am Morgen wieder zu Hause war.

Grazie Mille und end of Broadcasting.

Konzert-Statistik

  • Tour: On an Island
  • 35. Konzert der Tour
  • Spielstätte: Piazza San Marco
  • Plätze: 4.000 Zuseher
  • Adresse:
  • Tickets: ausverkauft
  • Einlass: 18:30 Uhr | Showtime: 19:30 Uhr

Bemerkenswert: 

  • Shine on Intro wurde von einem Profi-Weinglasspieler gespielt.
  • Arnold Layne, Dark Globe und On The Turning Away im zweiten Teil.
  • Die Einnahmen gingen an Emergency.

Band:

  • David Gilmour: Guitar, Vocals, Saxofon
  • Rick Wright: Keyboard, Vocals
  • Phil Manzanera: Guitar
  • Guy Pratt: Bass, Guitar
  • Jon Carin: Keyboard, Guitar, Vocals
  • Steve DiStanislao: Drums, Vocals
  • Dick Parry: Saxofon

Gast:

  • Igor Skylarov: Glasharfe

Set 1:

  1. Speak To Me
  2. Breathe
  3. Time
  4. Breathe Reprise
  5. Castellorizon
  6. On An Island
  7. The Blue
  8. Red Sky At Night
  9. This Heaven
  10. Then I Close My Eyes
  11. Smile
  12. Take A Breath
  13. A Pocketful Of Stones
  14. Where We Start

Set 2:

  1. Shine On You Crazy Diamond (Parts 1–5)
  2. Wot’s… Uh The Deal
  3. Arnold Layne
  4. Dark Globe
  5. Fat Old Sun
  6. On The Turning Away
  7. High Hopes
  8. Echoes

Encore:

  1. Wish You Were Here
  2. Comfortably Numb

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3 Antworten

  1. Avatar Vincent sagt:

    Wieder ein sehr schöner Bericht, toll so ein weinig mit zu erleben 🙂

    • Werner Werner sagt:

      Yeah, and I’m glad that I went there all by myself! Against all odds…

      Thank you, mate & happy birthday!

      • Avatar Vincent sagt:

        Danke! Bald 20 Jahre her’ die Zeit fliegt, oops, ich hoffe das ist nicht nur Niederländische Sprache …time goes fast. Hoffentlich machen die drei Herren Musikalisch noch was mehr in unserer Sinnen

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