Roger Waters 2.+3.10.2017 Toronto Air Canada Center

Bericht und Fotos von Marcus Blume

Ein kleiner Rückblick. Am 06.09.2013, an Roger Waters 70. Geburtstag, verließ ich wehmütig und schweren Herzens die Arena in Düsseldorf. Soeben endete meine 5. The Wall Show. Und gerade dieser, Rogers Ehrentag, machte mir den Abschied besonders schwer. Denn nach einem letzten Blick beim Hinausgehen auf die Bühne und die niedergerissene Mauer war mir so was von klar, ich werde nie wieder ein Konzert einer unserer Pink Floyd Helden in der Größenordnung erleben dürfen. Zwischenzeitlich hat zum Glück David Gilmour ein neues Album heraus gebracht und eine kleine, aber feine Tour an wundervollen Locations absolviert und auch Roger Waters hat sich trotz vorherigen Ankündigungen, The Wall ist seine letzte Tour, noch nicht vollends in den Ruhestand verabschiedet. Das wurde mir immer klarer, als er 2016 in Mexiko einige Konzerte ankündigte und plötzlich bekannt wurde, er ist auf dem Desert Trip Festival dabei. Da musste ich auf jeden Fall hin, koste es was es wolle. Als mir allerdings klar wurde was der Spaß wirklich kostet und wie schwer es ist an Karten zu kommen, hat sich mein Gedanke schnell verflüchtigt. Aber von da an war mir klar, sollte er noch einmal etwas ähnliches wie Mexiko 2016 aufziehen mit einigen wenigen Auftritten, da muss ich dabei sein.

Nachdem erste Gerüchte über ein neues Album aufkamen und fast zeitgleich bekannt gegeben wurde, er plant eine Tour in Nordamerika, war meine Vorfreude einfach nicht mehr zu bremsen und eine Stimme in mir sagte, da fährst Du hin. Denn bereits in den 70’er Lebensjahren angekommen, dürfen wir Fans dankbar sein für jeden Auftritt und jeden neuen Song, der von Roger oder David aufgeführt und geschrieben wird. Somit habe ich mich im August dann endgültig entschieden, nach einem kurzen Protest in mir seitens des Finanzministeriums, um Karten, den Flug und alles was dazugehört, zu kümmern. Denn trotz Ankündigen einer Europa Tour spielt im Hinterkopf immer der Gedanke mit, im letzten Drittel des Lebens kann auch dem aktuell geistig und körperlich putzmunteren Roger Waters von jetzt auf gleich etwas passieren (ich hoffe er wird noch lange auf dem momentanen Niveau weitermachen können), was eine Europa Tour in weite Ferne rücken lässt. Somit sollte die Reise für mich nach Nordamerika auf jeden Fall eine Doppelshow werden. Warum auch immer, ich habe mich für Toronto entscheiden.

Air Canada Center

Am 2.10. hat der Air Canada Direktflug in München planmäßig um 11:50 Uhr abgehoben. In Toronto sind wir so gegen 14:30 Uhr Ortszeit gelandet. Die Zeitverschiebung beträgt 6 Stunden. Mit der Bahn, 25 Minuten Fahrt, war ich so gegen 15:30 Uhr am Bahnhof und sogleich am Ort des Geschehens. Denn das Air Canada Center liegt direkt nebenan. Als ich dabei war mich zu orientieren, wie ich am besten zum Hotel komme und von den vielen Hochhäusern noch völlig beeindruckt, fuhr plötzliche ein Werbe-Van an mir vorbei. Auf roten Lettern stand No Waters und No BDS (die Organisation die Waters unterstützt um auf das Unrecht im Palästinensergebiet aufmerksam zu machen) und die Aufforderung, das Konzert zu boykottieren. Damit habe ich in Kanada nicht gerechnet. Endlich im Hotel angekommen, noch schnell das The Wall T-Shirt übergezogen, musste ich gleich wieder raus um die im Sonnenuntergang funkelnden Hochhäuser zu bewundern.

Beeindruckender Sound

Gegen 19 Uhr bin ich in das Air Canada Center gegangen und habe mir einen ersten Überblick verschafft. Der Merchandising Stand bietet alles was das Herz begehrt, aber mit zum Teil unverschämt hohen Preisen. Ich habe mir lediglich das In the Pink Buch gekauft. Um 20 Uhr, 2 Uhr deutscher Zeit, sollte die Show laut Kartenaufdruck beginnen. Von Müdigkeit nichts zu spüren, denn endlich war ich am Ziel angekommen. Was jetzt kommen sollte, war der eigentliche Grund der Reise. So langsam füllte sich die Halle mit Wind- und Wellengeräuschen, es kam Möwegeschrei dazu und auf der Leinwand war die Dame aus dem The last Refugee Video, mit dem Rücken zum Zuschauer auf dem Sand am Strand sitzend mit Blick auf das Meer, zu sehen. Die Spannung wuchs mehr und mehr. Mittlerweile füllt sich auch der Saal, der bis dato fast leer war. Letztendlich war die Show nicht ganz ausverkauft, aber wir waren nahe dran. Als das Licht ausging die ersten Töne vom Dark Side Album durch die Halle waberten und Roger das erste Mal kräftig in die Seiten langte, legte sich eine wohlige Gänsehaut über den Körper.

Über die beiden Shows selber werde ich nicht viele Worte verlieren. Da soll sich jeder im kommenden Jahr selbst einen Eindruck verschaffen. Ich kann nur für mich sagen, der 360 Grad Sound ist beeindruckend, die Lautstärke ist der Wahnsinn, da zittert nicht nur die Halle, die visuellen Einspielungen haben einen roten Faden, sind textlich sehr stimmig und in Kombination mit der gespielten Setlist wird wieder einmal deutlich, wie zeitlos sowohl die Musik als auch die Texte sind und noch immer den Nagel auf den Kopf treffen. Besonders beeindruckend gespielt sind Dogs, Pigs, aber auch Welcome to the Machine,One of These Days, Picture That, Smell the Roses, um nur einige Songs zu nennen, haben mich regelrecht aus den Latschen gehauen. Sehr druckvoll gespielt. Die Musiker machen einen wundervollen Job. Der Drummer ist super, die beiden Mädels überzeugen durch eigene Interpretation ihres Gesangsparts, aber auch der Rest der Truppe spielt sauber und gefühlvoll die Songs. Und Roger, tja, für ihn ist das Leidenschaft. Das ist bei jeder Note deutlich zu spüren. Und das transportiert er auf seine Art. Gedankt wird das von den Zuschauern. Bei der 2. Show wollte der Applaus, bevor die Zugabe mit Mother beginnt, gar nicht mehr abklingen, brandete immer wieder auf. Deutlich länger als am Vorabend. Und Roger war dadurch ehrlich gerührt. Das zu sehen hat mich sehr berührt!

Wer noch keine Karte hat, dem empfehle ich, eine Show sollte auf jeden Fall drin sein. Es lohnt sich! Und man kann und darf sowohl Rogers als auch Davids Art der Interpretation und der Darbietung des Geschaffenen nicht miteinander vergleichen. Dazu sind sie zu verschieden, aber durch das gemeinsame Zusammenspiel mit Rick und Nick haben sie das geschaffen, was wir so lieben! Wünsche ganz viel Spaß bei den Shows in Europa. Auch ich werde auf jeden Fall in Berlin, Mannheim und München mit dabei sein. Vielleicht kommt noch die ein- oder andere Show dazu…

Roger Waters 2.+3.10.2017 Toronto

Spielstätte: Air Canada Center
Kapazität: 19.800 Besucher
Adresse: 40 Bay St, Toronto, ON M5J 2X2, Kanada
Einlass/Beginn: 19h/20h

Band:
Roger Waters: Vocals, Bass, Guitar
Joey Waronker: Drums
Jonathan Wilson: Guitar, Vocals
Gus Seyffert: Guitar, Bass
Dave Kilminster: Guitar
Bo Koster: Hammond Organ, Piano
Jess Wolfe: Vocals, Percussion
Holly Laessig: Vocals, Percussion
Ian Ritchie: Saxophon, Bass
Jon Carin: Keyboards, Guitar, Vocals

Set 1:
01. Speak to Me
02. Breathe
03. One of These Days
04. Time
05. Breathe (Reprise)
06. The Great Gig in the Sky
07. When We Were Young
08. Déjà Vu
09. The Last Refugee
10. Picture That
11. Welcome to the Machine
12. Wish You Were Here
13. The Happiest Days of Our Lives
14. Another Brick in the Wall (Pt. 2)
15. Another Brick in the Wall (Pt. 3)
Set 2:
16. Dogs
17. Pigs (Three Different Ones)
18. Money
19. Us and Them
20. Smell the Roses
21. Brain Damage
22. Eclipse
Zugaben:
23. Mother
24. Comfortably Numb

4 Antworten

  1. Avatar Mike sagt:

    Das ist ein sehr schöner Bericht, Danke.

  2. Avatar Roman sagt:

    danke marcus, für diesen feinen bericht und die tollen bilder dazu. das macht appetit!
    ja..”diese stimme in mir”, kenne ich zu gut, sie hat mich 2015+2016 durch halb europa an schöne orte geschickt. wehmütig schaue ich eine aktuelle blu ray als passendes zeitdokument dazu. diese stimme sagt mir nun, ich soll 2018 nach lissabon fliegen, denn dort ist es warm, es gibt tickets, sogar günstig, und in portugal war ich noch nie. noch jemand?
    is there anybody out there?

  3. Avatar Peter Thierfelder sagt:

    Dem Bereich kann ich mich nur anschließen. Habe das zweite Konzert in Toronto gesehen und ich war von den Socken. Alles war überragend und freue mich schon sehr auf das nächste Konzert in Quebec. Für mich war The great gig in the sky super, wie das Raumschiff Animals ins Weltall verschwindet, und the dark side of the moon um das Prisma fliegt. Viel Spaß an alle die sich diese überragende Konzert nächstes Jahr ansehen.Grüße an alle

  4. GeckoFloyd GeckoFloyd sagt:

    Danke für den super Bericht! Das mit der Pyramide scheint ja wirklich beindruckend zu sein. Freue mich nun umsomehr auf die Konzerte nächstes Jahr!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert