Rick Wright über Pink Floyd’s The Dark Side of the Moon Album

Dark Side Of The Moon

Rick Wright war bei Pink Floyd immer im Hintergrund. Für viele Pink Floyd Fans ist er der stille Held. Er war von Anfang an dabei und bis zum “Wish You Were Here” Album eine bestimmende Größe der Band. In einem seiner seltenen Interviews schilderte er, warum aus seiner Sicht “Dark Side of the Moon” so erfolgreich wurde. Und auch mit der Gedankenwelt von Roger Waters konnte er sich mehr identifizieren als in früheren Zeiten!

Rick Wright Interview Uncut Magazin 5/2003

Übersetzung Werner

Rick Wright arbeitet derzeit an seinem eigenen Material, “With Pink Floyd out of Action”. Gegenüber David Gilmour und Nick Mason zeigt er prinzipiell Verständnis: “Es geht nun seit Jahren so dahin und nichts wurde getan. Es liegt an Dave, der wahrscheinlich jetzt momentan keine Lust hat, oder einfach an unser aller Faulheit. Ich persönlich habe jetzt mehr Probleme damit kreativ zu sein, als damals, als ich 30 war”.

Uncut: Roger Waters meint, dass die Musik von “Dark Side Of The Moon” den emotionalen Inhalt seiner Texte komplett gefangen nimmt. Woher kamen all diese Gefühle und Magie?

Rick Wright: Meiner Meinung nach ist es spontan entstanden. Als wir an “Dark Side” arbeiteten, waren wir auf dem Höhepunkt unserer Kreativität. Es sind die besten Lieder die Floyd je geschrieben haben. Obwohl Roger und ich keine besonderen Freunde waren, gab es ein hervorragendes Arbeitsverhältnis. Wir hatten Respekt für einander. Roger hatte eine klare Vorstellung davon was er auf “Dark Side” ausdrücken wollte. Er wollte die Sprache einfach belassen und ein Konzeptalbum machen (seufzt). Es war unser Erstes das wir machten. Die Gefühle, die darauf zum Ausdruck kamen, hatten wir alle zu dieser Zeit. Die Tatsache, dass wir die ganze Zeit auf Tour waren und wenig Kontakt zu unseren Familien hatten, beeinflusste ihn ebenso wie frühe Kindheitserinnerungen. Ich denke, dass die Musik und der Text einfach zusammen fanden.

Uncut: Rogers Lieblingstitel auf dem Album ist einer, den er mit Ihnen geschrieben hat: “Us and Them”.

Rick Wright: Lustigerweise ist “Us and Them” auch einer meiner Favoriten. Es ist ein großartiges Beispiel dafür, wie die Kombination von Musik und Text eine wunderbare Emotion erschaffen kann. Wahrscheinlich ist er der beste Song, den Roger und ich zusammengeschrieben haben.

Uncut: “Us and Them” wurde ursprünglich nicht für “Dark Side” geschrieben oder?

Rick Wright: Die Arrangements für die Verse kamen von einem Stück, das ich für “Zabriskie Point” geschrieben habe (Regie des 1970 entstandenen Kultfilm führte Michelangelo Antonioni). Es hieß “The Violence Sequence” und wurde für die Szene, in der Studierenden auf dem Campus von der Polizei verprügelt geschrieben. Zuerst versuchte ich es mit druckvoller Musik. Später, eines Abends spielte ich diese melancholische Noten-Reihenfolge. Es war interessant, den Gewaltszenen etwas so Zartes und ruhiges beizufügen. Dadurch wird es noch realer. Antonioni gefiel es sehr. Später jedoch mochte er es nicht mehr und schließlich wurde das Stück nicht verwendet. Als wir schließlich an “Us and Them” arbeiteten, hatte ich noch immer dieses Stück in meinem Kopf. Wir benötigten noch eine “middle-eight”. Die Noten dafür steuerte ich bei. Betrachtet man den Vers, dann ist er sehr fließend und zart und dann folgt der Kontrast, dieser große harte Chor mit dem Text über den Krieg und dem entspannten zurückgelehnten General. Das funktioniert sehr gut.

Uncut: “The Great Gig in The Sky” war Ihre Komposition. Wussten Sie damals, dass sie den Soundtrack für den Tod schrieben?

Rick Wright: Nein zu der Zeit noch nicht. Meine Erinnerung daran ist: “Wir brauchen etwas Instrumentelles”. Ich ging weg und kam später mit diesem Stück zurück. Die Akkordreihenfolge mochte jeder. Nun war die Frage: “Was machen wir damit?”. Wir entschieden uns jemanden darauf singen zu lassen. Clare Torry kam ins Studio herein und dachte, dass wir im Begriff waren ihr das Thema und den dazugehörigen Text zu geben. Doch wir sagten zu ihr: “Fang einfach an”. Sie hatte Angst, “Ich weiß nicht, was ich machen soll”. “Gehen sie einfach hinein und improvisieren sie”. Was sie schließlich auch tat. Und daraus entstand dieser wundervolle Gesang. Beim Schreiben dachte ich überhaupt nicht: „Das handelt alles über den Tod”. Sonst hätte ich wahrscheinlich auch nicht diese Akkordstruktur geschrieben. Immer, wenn ich Clare singen höre, werde ich aufgeregt. Für mich handelt es nicht unbedingt über den Tod. Ich höre genauso Terror, Furcht und sehr große Gefühle. Speziell in der Mitte und die Art und Weise wie sich ihre Stimme mit der Band vermischt. Die Technik der Abmischung hilft dabei sehr.

Uncut: Gab es neben dem vorhandenen Konzept auch eine musikalische Vision für das Album?

Rick Wright: Ich würde sagen, dass es so etwas nicht gab. Wir begannen so, wie wir es immer taten in einem Studio oder Proberaum, jeder von uns spielte einfach verschiedenes. Sobald du einmal einen Anfangspunkt hast und die Band darüber euphorisch ist und es fließt, wächst es von allein. Es wächst, es wächst, es wächst. Ich vermute, so war es auch als wir mit “Dark Side” anfingen. Ich kann mich an das Schreiben, die Proben und diesen ganzen Prozess nicht mehr genau erinnern. Bevor es aufgenommen wurde, haben wir das meiste davon bereits live gespielt. Es war eine sehr aufregende und kreative Zeit in der Abbey Road, eine sehr glückliche Zeit, sehr harmonisch. Wir waren nicht das, was man beste Freunde nennt, aber wir fühlten uns sehr verbunden. Wir waren alle stark beteiligt an diesem Projekt und arbeiteten extrem hart und ziemlich schnell daran. Ehrlich gesagt war es das letzte Mal, das Ende der Ära in der die Band so eng und kreativ zusammenarbeitete. ‚Wish You Were Here’ war großartig, aber die Spannungen zwischen uns waren spürbar. Ich erinnere mich, dass es bei “Dark Side” noch nicht so war.

Uncut: Gab es keine Uneinigkeiten während der Aufnahmen?

Rick Wright: Ich denke, dass wir, nah an der Fertigstellung, uns uneinig über die Credits waren. “Nun, wer erhält, was?” Nick erhielt Rechte für “Any Colour You Like” und “Speak To Me” gut geschrieben. Das aber nur, weil wir ihm diese Rechte gegeben haben, denn im Wesentlichen besteht “Dark Side Of The Moon” aus Rogers Texten und Daves und meiner Musik. Es war eine großartige Arbeitsgemeinschaft. Heute noch denke ich, dass es traurig ist, dass diese verloren gegangen ist, aber so etwas geschieht eben.

Uncut: Roger ist sich nicht sicher, ob er während dieser Periode „Dope“ rauchte. Können Sie sich erinnern?

Rick Wright: Ich habe keine Erinnerung von ihm oder von mir, ob wir während der “Dark Side” Aufnahmen Joints geraucht haben. Wir haben beide Zigaretten geraucht. Selbstverständlich rauchte ich ‚Dope’, habe es aber nicht vertragen. Ich habe schreckliche Zeiten damit gehabt. Als ich einmal in Paris etwas zu viel nahm, hatte ich einen Albtraum. Ich wusste, dass ich in ein paar Stunden auf die Bühne gehen musste und habe mich zu stark eingeraucht. Ich bin völlig ausgerastet. Wenn ich nichts zu tun hatte, buchstäblich nichts, dann konnte ich mich in Verbindung mit einem „Joint“ entspannen. Wenn ich jedoch irgendetwas tun musste, z. B. Musik spielen, irgendwo hingehen oder Autofahren, dann wurde ich paranoid. “Dark Side” wurde aber zweifellos nicht im Dunstrausch geschrieben und aufgenommen. Ich hätte an diesem Album nicht arbeiten können, wenn ich dauernd ‚Stoned’ oder auf “Dope” gewesen wäre. Dennoch wurde es das wesentliche Kiffer-Album der 70er. Das war nicht beabsichtigt. Die Leute sagten sich wahrscheinlich: “Heute werde ich mir “Dark Side” anhören, einen Joint drehen und dabei eine Erleuchtung haben”. In Amerika gab es “Dark Side” Partys. Timothy Leary, segnete das Ganze mit Worten wie: “You`ve got to tune in, drop out”, und so weiter. Ich glaube das ohnehin nicht. Aber es ist die Entscheidung der Leute zu tun, was auch immer sie mögen. Dafür sind wir nicht verantwortlich. In Australien wurde “Dark Side” zum geeignetsten Album, um miteinander zu schlafen, gewählt. Es ging also nicht immer nur um “Dope” und Drogen.

Uncut: Wie erreichten Sie die Integration der Keyboards und Synthesizer in die gesamte Beschaffenheit und Dramatik des Albums?

Rick Wright: Einfach durch das sehr gute zusammen spielen. Ich habe eine Menge geschrieben für “Dark Side”. Folglich wurde es auf einem Keyboard geschrieben. Dave musste meinen Tastaturstrukturen seinen Teil folgen lassen. Später dann würde es auf umgekehrte Art und Weise sein. Keyboards spielten eine große Rolle bei den Gefühlen auf “Dark Side”. Ich bin sehr stolz auf ihre Leistung. Es besteht eine große Zuneigung und Wechselwirkung zwischen der Gitarre und dem Klavier. Dadurch erhält das Album eine angenehme Wärme. Obwohl die Texte ziemlich kahl und traurig sind, entdecke ich auch eine sehr große Wärme in ihnen.

Uncut: Roger nahm die Tatsache übel, dass während das Konzept von zentraler Wichtigkeit für ihn war, dies für den Rest der Band nicht so war.

Rick Wright: Ich erinnere mich nicht an sehr große Debatten darüber. Als Musiker und Musikhörer legte ich nie besonders viel Wert auf Texte. Bis heute achte ich nicht so sehr auf die Wörter, egal, wer auch der Künstler sein mag. Das Zusammenspiel von Musik, Text und Stimme mag mir vielleicht gefallen, wenn sie sich jedoch aufdrängen oder wenn es schlecht geschrieben ist, dann finde ich es störend.

Uncut: Laut Roger erklärten Sie in einem Interview, dass Sie sich nicht besonders scherten um die Texte.

Rick Wright: Das kann ich durchaus gesagt haben. Aber ich habe möglicherweise damit gemeint, dass sie für mich nicht so wichtig wie die Musik war. Ich denke nicht, dass ich zu irgendeiner Zeit ein Problem mit der Qualität der Texte hatte. Vielleicht das Rogers Gefühle und was er versuchte zu sagen, nicht unbedingt Dinge waren, die ich fühlte. Zweifellos traf das auf “The Wall” zu. Er war unser Texter auf diesem Album und ich war glücklich, zusammen mit dem zu gehen. Es gab Abende, an denen ich anderer politischer Meinung war als er und bin es immer noch. Ich denke zu der Zeit war ich nicht wirklich mit seinen Gefühlen bezüglich “Money” einverstanden.

Uncut: Gibt es noch etwas Spezielles, das sie ärgert?

Rick Wright: Nein, es gibt nichts, das mich heute noch ärgert. Das liegt daran, weil ich älter bin. Roger war wahrscheinlich mit seinen 30 Jahren weiser als ich. Wir waren in einer Rock’n’Roll Band. Wir wurden davon geschwemmt von dem ganzen “Lifestyle”. Also, jemanden zu haben, der ernsthaft über das Leben nachdenkt, ich bewundere ihn dafür, dass er zu dieser Zeit diese Gedanken hatte. Ich kann mich jetzt mehr, mit dem, was er fühlte und versuchte zu sagen identifizieren.

Uncut: Einige seiner Hauptbeschäftigungen waren ziemlich deprimierend für jemand, der so jung war.

Rick Wright: Zweifellos verarbeitete er all seine Traumen. Das setzte sich durch “Wish You Were Here” und in “The Wall” fort. Ich konnte mich für jene Texte begeistern. Aber möglicherweise fand ich das Leben nicht so trostlos, wie er es empfand.

Uncut: Trotzdem enthalten die Texte einen gewissen Grad an Wahlmöglichkeiten und Hoffnung.

Rick Wright: Es gibt einen Funken der Hoffnung: “Sei vorsichtig, den diese Dinge könnten geschehen”. Die Leute fühlten sich beflügelt, was meiner Meinung nach auch an der Musik liegt.

Uncut: Wie waren die Reaktionen ‚Live’, bevor ihr das Album aufgenommen habt?

Rick Wright: Es kam extrem gut an, mit Ehrfurcht und Verehrung. Die Leute waren daran gewöhnt, fünfminütige Lieder oder laute Gitarren Soli zu hören. Sich aber hinzusetzen und einem vollständigen Stück zuzuhören, das war in jenen Tagen selten. Live war das Stück großartig zu spielen. Ich denke, dass “Dark Side” sehr schnell in das Bewusstsein der Menschen ging.

Uncut: Wie lebenswichtig für das Album war der “VCS3” Synthesizer?

Rick Wright: Wir hatten außerdem noch das “Mini-Moog”. Der “VCS3” war der Erste, den wir fanden. Wir hatten eine Verbindung zur BBC-Radiophonic Werkstatt. Sie zeigten uns den ‚Synth’ und wir nahmen ihn mit ins Studio. Dort stand er im Kontrollraum. Roger, Dave und ich spielten an ihn herum. Ab diesem Zeitpunkt war das “Mini-Moog” meine Aufgabe. Der „VCS3“ war ein neues Spielzeug. Für damals erzeugte er erstaunliche Töne. Wir haben stundenlang mit den Steckern herumexperimentiert, um Töne herauszubekommen. Es waren die ersten ‚Synths’, die diese großen vollen Töne erzeugen konnten. “Dark Side of the Moon” war auf vier Instrumente aufgebaut: Gitarre, Keyboards, Bass und Drums aufgenommen auf einem 16-Kanal-Mischpult, plus dem “VCS3”. Außerdem verwendeten wir ‚Reverb units’ und Echo Maschinen. Genau genommen war die Tatsache, dass wir so beschränkte Mittel und Technologie hatten der Grund dafür, das unsere Musik so großartig geklungen hat. Ich würde nur allzu gern zu dieser einfachen Struktur zurückkehren.

Uncut: Die Punks wollten Bands wie Floyd vernichten. Mehr als zwei Jahrzehnte später wurde “Dark Side Of The Moon” als große Inspiration für viele ambient Bands bezeichnet. Hat sie das überrascht?

Rick Wright: Nein, nicht wirklich. Der Einfluss ist riesig. Es war nicht nur “Dark Side”. Ganz klar, die ganze Syd Barrett Geschichte und der Klang von Gitarre und Keyboards, beeinflusste sehr. Heute tendieren die Leute dazu, zurückzuschauen. Wir aber schauten nach vor. R&B waren erste Einflüsse, aber wir haben versucht, uns davon zu befreien und etwas Neues zu machen.

Ende

2 Antworten

  1. Avatar JOACHIM sagt:

    MOIN WERNER

    VIELEN DANK FÜR DIE SUPER ÜBERSETZUNG DIESES SCHÖNEN INTERVIEWS VON RICK.FÜR JEMANDEN DER DES ENGLISCHEN NICHT MEHR GANZ SO MÄCHTIG IST WIE ZU NOCH ZU SCHULZEITEN EINE SUPER SACHE.

    NOCHMALS DANKE !
    Lg.
    ACHIM

  2. Avatar aurosa sagt:

    Da schließe ich mich Achim an. Ich bin immer dankbar, wenn diese Texte jemand übersetzt.
    Roger Waters hat auch mal in einem Interview erwähnt, dass dieser gemeinsame Geist von DarkSide so nie wieder herzustellen war. Warum Rick Wright aus den kreativen Prozessen bei Pink Floyd raus rutschte, habe ich bis heute nicht verstanden. Wie sagte Gilmour mal, dass die besten Ideen von Pink Floyd von Rick Wright gekommen seien. Ich fand auch Rick Wrights jazzige Tendenzen zur Schwere des Floydmaterial immer sehr auflockernd. Sein Klaviersolo auf Saint Tropez zum Beispiel. Oder dieses fantastische Intro von Sheeps, wo ich glaube, dass das nur vom ihm gekommen sein kann.
    Pink Floyd haben fantastische Musik gemacht. Wie das wohl noch hätte sein können, wäre die Band intern nicht so ins Ungleichgewicht geraten? Man weiß es nicht. Die Dominanz von Roger Waters mag problematisch gewesen sein. Auf der anderen Seite war er es, der das Projekt Pink Floyd immer weiter vorantrieb.
    Es ist schade, dass das vorbei ist, aber ich glaube, es ist auch gut, dass sie aufgehört haben. Irgendwann steht man seiner eigenen Legende im Wege, wenn man weiter macht.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert